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WISHINGTRACK - WUNSCHSPUR
Die Kraft der Wünsche, die in Erfüllung gehen
(sollen), ist Motiv unzähliger Volksmärchen. Dass eine solche
Kraft (auch) real wirksam werden kann bestätigt die Psychologie (z.B.
unter dem Stichwort "self-fullfilling prophecy") und die Medizin
(umschrieben mit "Aktivierung der
Selbstheilungskräfte").
Bei Jahreswechseln gehören gute Vorsätze und Wünsche für
die Zukunft zum Silvesterritual. Bei einem Jahrtauendwechsel hat dies
eine ganz besondere Bedeutung. "Wishingtrack" lud weltweit ein,
sich gezielt mit diesem Thema zu beschäftigen:
Die Durchführung:
Die Teilnehmer an der Aktion wurden eingeladen, ihre Wünsche und
Hoffnungen für die Zeit nach dem Jahrtausendwechsel (in welcher Art
auch immer) zu formulieren und an die Künstlerin zu senden. Die Übermittlung
der Wünsche erfolgt über verschiedene Medien, e-mail, Fax aber
auch per traditionellem Brief - und die Wunsche konnten auch "live"
in weltweit kursierende
"Wunschspur-Bücher" eingeschrieben werden.
Die eingereichten Wünsche wurden eingescannt, ihre Daten durch ein
speziell für die Aktion entwickeltes Computerprogramm verschlüsselt
und in Form einer abstrakten Kurve auf einen prägnanten energetischen
Träger übertragen. Das ist ein Band aus haltbarem Material auf
dem die codierte Information in einer ästhetisch pointierten Form
sichtbar wurde (eine Sinusschwingung, deren Frequenz/Amplitude in
den ASCII-Code übersetzt ist. Diese logarythmische Modulation/Transformation
ist der natürlichen Empfindlichkeit der
Sinnesorgane angemessen).
Erste Aktion:
Zusammen mit dem damaligen Oberbürgermeister der Stadt Köln,
Herrn Harry Blum, und GEW Vorstand Herrn Helmut Haumann legte die Künstlerin
am 31.Dezember 1999 dieses Band (in einer Länge von 461 m) im GEW-Tunnel
26 Meter unter der Erdoberfläche und 6 Meter unter dem Bett des Rheins
aus. Dort verblieb es über die Neujahrsnacht. Am 1. Januar 2000 wurde
dieses Band von der Künstlerin dann wieder eingerollt.
"Wunschspur" bildete einen bewussten Kontrast zu den sonstigen
Feierlichkeiten zu Silvester 1999 (große Feuerwerke im Himmel, Flüge
über die Datumsgrenze etc.). Es wurde ein ruhiger Ort unter der Erde
ausgewählt.
Verlängerung um ein weiteres Jahr:
Auch im Jahr 2000 wurden weiter Wünsche gesammelt. In der gewohnten
Weise aber auch, wie schon im Jahr zuvor, in spezifischen Situationsumfeldern
(etwa 1999 während des Doppel-Gipfels in Köln oder der Sonnenfinsternis
in Bad Reichenhall; im Jahr 2000 bei verschiedenen Reisen oder den Bayreuther
Festspielen ...) Am 18.12.00 übergab Bürgermeister Josef M üller
im Kölner Rathaus Wünsche aus den K ölner Partnerstädten.
Masaru Sakato, der Leiter des Japanischen Kulturinstituts der Stadt Köln,
überreichte Kallnbach ein Wunschspur-Buch aus der japanischen Partnerstadt
Kyoto im Auftrag des dortigen Bürgermeisters Herrn Yorikane Masumoto.
Zweite Aktion:
Alle hinzugekommenen Wünsche wurden auf der Wunschspur addiert (insges.
über 4000 aus aller Welt) zusammen mit einigen Platzhaltern für
die letzten nachkommenden Wünscheund waren zum Jahreswechsel 2000/2001
(dem eigentlichen Jahrtausendwechsel) wieder am selben Ort 26 Meter unter
der Erde im GEW Tunnel unter dem Rhein:
dieses Mal eine stille Aktion der Künstlerin unter Ausschluss der
Öffentlichkeit.
Thema-Zusammenhang:
Schon längere Zeit beschäftigt sich Kallnbach mit dem Wunsch-Phänomen.
In japanischen Tempeln werden "Glückslose" angeboten, die
die Zukunft voraussagen. Es bleibt aber jedem überlassen, ob er die
Weissagung f ür sich als richtig empfindet/annimmt oder ob er sie
zurückgibt, d.h. dass er sie im Tempel an speziell dafür vorgesehene
Schnüre knotet und damit dort das ungewünschte Schicksal zurücklässt:
statt "Fatum", dem unentrinnbaren Götterspruch der Grichischen
Antike, eine gewisse Eigenverantwortlichkeit und die m ögliche
eigene Einflussnahme. Auf der Grundlage von Filmaufnahmen der Künstlerin
und einer Installation, die sie 1994 in Japan machte, arbeitete sie zu
diesem Thema in "Japanaise III" (Installation und Performance
mit Film-Großprojektion in der Artothek der Stadt Köln 1995)
sowie in weiteren Beitr ägen zu Gruppenausstellungen (zuletzt 1998
eine Video-Installation im Stadtmuseum Köln in der Ausstellung "Galerie
der Wünsche - Aspekte der Kölner Kunst von den 60er Jahren bis
heute", die für die Sammlung angekauft wurde.).
Die Beteiligung Vieler ist für Kallnbach eine Arbeitsweise, die auch
schonTeil früherer Projekte der Künstlerin war: Bereits 1985
realiserte sie ihre Kunstaktion "Verbindungen Kleinsassen" (als
zweiter Teil ihrer Trilogie Kleinsassen 1984-86), für die sie damals
schon über 360 Beiträge aus 39 Ländern der Erde zusammentrug
- zu dieser Zeit noch ohne die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten
Internet etc. Auch bei ihrer aktuellen Arbeit "a performancelife"
(http://www.a.performancelife.com)
ist das Mitmachen vieler Menschen wieder Teil des Projekts.
W.S.
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